Von Minusgraden, Röstaromen und Käsegenuss: Was Temperaturen und Tilsiter miteinander zu tun haben.
Was haben Temperaturen mit Tilsiter zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nicht allzu viel. Wenn wir aber etwas in die Tiefe gehen, dann treffen wir immer wieder auf die Begriffspaare Tilsiter und Temperatur – in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen.
Beginnen wir mit der frischen Milch. Beim Melkvorgang hat sie die Temperatur von der Kuh, also rund 36 Grad C. Damit die Milch bis zur Verkäsung möglichst frisch bleibt, muss sie nach dem Melkvorgang möglichst rasch auf circa 5 Grad C heruntergekühlt werden. So wird sie zwischengelagert und mit dieser Temperatur gelangt sie auch auf den Weg zur Käserei und wartet dort auf den Verkäsungsprozess.
Erwärmung dient der Produktsicherheit
Beim Verkäsungsprozess unterscheiden wir bekanntlich zwischen der Gruppe der roten Rohmilchtilsiter und der grünen Pasttilsiter. Für beide Produktgruppen wird die Milch vor der Verkäsung angewärmt: auf circa 62 Grad C für Rohmilchtilsiter und auf circa 72 Grad C für Pasttilsiter. Die Erwärmung wirkt sich positiv aus auf die mikrobiologische Produktsicherheit, sie hat aber auch einen wichtigen Einfluss auf die späteren Käsequalitäten (siehe Blog Rot/Grün). Beiden gemein ist die Rückkühlung auf circa 32 Grad C vor dem eigentlichen Verkäsungsprozess. Bei dieser Temperatur entwickeln sich die beigegebenen Käsereikulturen optimal und auch zugegebene Enzyme für den Einlabungsprozess entwickeln sich hier optimal. Mit dem Schneiden der Käsegallerte wird die Temperatur nochmals leicht erhöht, womit der Käser die spätere Käsestruktur steuert. Als Halbhartkäse bleibt die Temperaturerhöhung moderat und es verbleibt ein im Vergleich zu Hartkäse grösserer Teil der Molke im Käse.
Nach dem Auszug der frischen Käsekörner und der Verformung in Käseformen beginnt im noch warmen jungen Käse der Säuerungsprozess mit dem Abbau vom Milchzucker durch die Milchsäurebakterien. Erst nach dem vollständigen Abbau des Milchzuckers gelangen die jungen Käse ins Salzbad und werden dadurch langsam auf circa 14 Grad C heruntergekühlt. Die gleiche Temperatur herrscht dann auch im Käsekeller, wo die Käse je nach Käsesorte 1 bis 6 Monate reifen. Mit dieser Temperatur arbeiten die Mikroorganismen im Käse optimal zusammen und sorgen so für den gewünschten Proteinabbau und auch für die Entwicklung der gewünschten Geschmacksnuancen.
Tiefgekühlter Käse ist nicht unbeschränkt haltbar
Nach dem Ende der Käsereifung werden die Käse auf circa 5 Grad C heruntergekühlt. Dies bewirkt einen Stopp des Reifeprozesses und bei dieser Temperatur wird der Käse auch etwas härter, was wichtig ist für den darauffolgenden Schneide- und Verpackungsprozess. Bei dieser Temperatur bleibt der fertig ausgereifte und allenfalls geschnittene und verpackte Käse auch deutlich länger haltbar. Allerdings laufen im Hintergrund immer noch chemische Prozesse ab, welche am besten mit einer «Nachreifung» umschrieben werden können. Diese stoppen sogar bei minus 18 Grad C im Tiefkühler nicht völlig, weshalb auch tiefgekühlter Käse nicht unbeschränkt haltbar ist.
Die optimale Käsetemperatur
Einen weiteren wichtigen Einfluss hat die Käsetemperatur auf den Käsegenuss selber. Direkt aus dem Kühlschrank ist der Käse noch sehr hart, vor allem wegen des bei Kühltemperatur festen Milchfettes. Dies ist zwar ein Vorteil, wenn der Käse gerieben werden soll, für den direkten Genuss bedeutet die tiefe Temperatur aber, dass sich auch die typischen Käsearomen im Mund schlechter entwickeln. Optimal für den Genuss ist eine Käsetemperatur von rund 20 Grad C. Hier zeigt der Käse seine optimale zart-feine Struktur und auch die Käsearomen lösen sich bereits schön aus der Käsemasse. Noch stärker ist dies der Fall, wenn mit Käse gekocht wird. Zuweilen kann dann der Geruch recht aufdringlich, wenn nicht sogar penetrant wirken. Wenn im Kochprozess der Käse noch weiter auf circa 180 Grad C erhitzt wird, bilden sich zusätzlich zu den Käsearomen weitere Röstaromen. Solche sind beispielsweise beim Überbacken mit Käse sehr gewünscht und willkommen. Leider findet aber bei diesen Temperaturen vermehrt auch eine Trennung der Fette von der im heissen Zustand flüssigen Proteinphase ab, was sich im bekannten Ausfetten manifestiert. Es ist zum Beispiel gerade ein Zeichen von gutem Raclette-Käse, dass dieser Ausfettprozess bei der Erhitzung nicht oder möglichst spät erfolgt. Last, but not least bewirken Temperaturen, wie sie beim Überbacken mit Käse auftreten, eine Bräunung der Oberfläche, die typisch ist für gratinierte Gerichte.
Was können Sie als Konsument von diesen Ausführungen mitnehmen? Am wichtigsten, da die Sicherheit betreffend, sind wohl die Kühltemperaturen zu Beginn Ihres Kontaktes mit unserem Käse. Für den Konsum unseres feinen Tilsiter-Käses sind aber höhere Temperaturen sehr vorteilhaft, wenn nicht sogar Voraussetzung dafür, dass alle Eigenschaften und das Potenzial des Käses erst richtig zum Tragen kommen.